Grenzen der Belastbarkeit sind erreicht

Kreishandwerkerschaft, Volksbanken und Sparkassen im Kreis Steinfurt machen sich stark für Abbau von Überregulierung

Die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf (KH) sowie die Volksbanken und Sparkassen im Kreis Steinfurt machen sich gemeinsam stark für den Abbau von Überregulierung und Bürokratie für Handwerksbetriebe, Banken und Verbraucher. Die Initiative wurde im Kreis Steinfurt gestartet, „die Problematik ist aber im Kreis Warendorf selbstverständlich genauso aktuell“; so KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner. In Kürze erhalten Kommunalpolitiker, Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Europapolitiker sowie weitere Funktionsträger aller politischen Parteien Post von Handwerk. Neben einer Broschüre zum Thema Überreglementierung gibt es auch einen Zeichentrickfilm, der anschaulich dokumentiert, welche bürokratischen Hürden für Verbraucher, Handwerksbetriebe und die regionalen Kreditinstitute existieren. Der stellvertretende Kreishandwerksmeister Heinz-Bernd Lohmann und Hauptgeschäftsführer Frank Tischner von der Kreishandwerkerschaft werben für die Vereinfachung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Verbraucher.

„Gesetze und Regeln geben uns Verlässlichkeit und einen Rahmen, in dem man arbeiten kann – wenn sie sinnvoll sind. Wir glauben jedoch, dass die Grenzen der Belastbarkeit von kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch der regionalen Geldinstitute und letztlich der Verbraucher mehr als erreicht sind“, sagte KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner mit Blick auf eine Vielzahl von Verordnungen und gesetzlichen Vorgaben, die Auftragnehmer und Geldgeber hierzulande einzuhalten haben. „Es sind ja nicht nur die vielfältigen Informa-tionspflichten, die die Handwerksunternehmer gegenüber dem Staat erfüllen müssen, die viel Zeit in Anspruch nehmen und zu Lasten der eigentlichen Arbeit im Betrieb gehen. Hinzugerechnet werden muss auch der Erfüllungsaufwand, um alle Vorschriften umzusetzen. Und der ist beträchtlich“, bestätigt Heinz-Bernd Lohmann, der als selbständiger Tischlermeister genau weiß, wovon er spricht.

Laut einer Erhebung des Instituts für Mittelstandsförderung kostet die Bürokratie deutsche Betriebe pro Jahr rund 46 Milliarden Euro. Dabei gehen viele gesetzliche Bestimmungen an der Realität von Klein- und Mittelbetrieben vorbei und bringen diese an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, so die Einschätzung der Handwerksvertreter. Die Kreishandwerkerschaft und die regionalen Kreditinstitute wollen das Super-Wahljahr 2017 nutzen, um Landes- und Bundespolitiker für dieses Thema zu sensibilisieren.

Am Beispiel einer Tischlerei wird dargestellt, welche Richtlinien und Auflagen erfüllt und beachtet werden müssen, um eine Fenstersanierung in einem Altbau vorzunehmen. Das fängt mit der Abfallverzeichnis- oder Arbeitsstättenverord-nung an und endet noch lange nicht beim Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Unterlassen die Unternehmer Pflichtangaben nach der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung, droht ein Bußgeld. Auch die Auftraggeber sehen sich vor immense bürokratische Hürden gestellt, die Finanzierung solcher Vorhaben gerät für Kunden wie Banken zu einer langen Reise durch einen Dschungel aus Vorschriften und Gesetzen. Um die Missstände zu dokumentieren, hat man sich für einen Zeichentrickfilm entschieden. „Wir wollen der Politik ganz plakativ vor Augen führen, wo die Probleme liegen“, so der KH-Hauptgeschäftsführer. „Wären alle Verordnungen, Erlasse und Richtlinien aufgeführt worden, mit denen sich Handwerker, Banken und Verbraucher tagtäglich beschäftigen müssen, wäre es kein siebenminütiger Trickfilm geworden, sondern ein Drama im Kinoformat“, ergänzt der stellvertretende Kreishand-werksmeister.

Bewusst hat man auch die Volksbanken und Sparkassen als Partner für dieses Projekt mit ins Boot geholt, denn verschärfte Auflagen verteuern und verkomplizieren Darlehen an den Mittelstand. Drei Viertel der Handwerksbetriebe wickeln ihre Geldgeschäfte über Sparkassen oder Genossenschaftsbanken ab. Diese sind als die wichtigsten Finanzpartner des Handwerks jedoch mit ihrem Geschäftsmodell bedroht. Kleine Banken müssen teilweise dieselben Auflagen erfüllen wie börsennotierte Konzerne. Dabei macht den regionalen Banken im Kreis unter anderem die sogenannte Wohnimmobilienkreditrichtlinie zu schaffen. Vor dem Hintergrund der internationalen Finanzkrise ins Leben gerufen, erschwert sie es den Geldinstituten, Kredite für den Kauf oder Bau von Immobilien zu vergeben, beklagte Franz-Josef Konermann, Sprecher der Volksbanken im Kreis Steinfurt. „Wir haben überhaupt nichts gegen notwendige Gesetze und Regeln“, betonte er. „Aber wir fragen uns, ob die Grenzen der Bürokratie nicht inzwischen deutlich überschritten sind“, sagte er mit Blick auf einen Wust von Bewertungsbögen, die Bankangestellte heute vor einer Kreditvergabe abarbeiten müssten. „Wenn mich heute ein Kunde anruft und fragt, welche Kreditkonditionen wir denn so haben, muss ich ihm sagen, dass wir erst einmal schauen müssen, ob er überhaupt einen Kredit von uns bekommen kann“, beklagte Hermann-Josef Stascheit, Leiter des Firmenkundenmarktes der VerbundSparkasse Emsdetten-Ochtrup.

Als Gründe für den überbordenden Bürokratismus nannte Rainer Langkamp, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Steinfurt, zwei Faktoren: den Verbraucherschutz und die Stabilität des Finanzsystems. So habe die internationale Bankenkrise gezeigt, welch große Infrastrukturbedeutung den Finanzflüssen zukomme. Die im Nachgang entstandenen Regulierungsvorgaben aber schwächten aktuell vor allem regional agierende Banken. „Was für global agierende Banken richtig ist, muss für die regionalen Institute noch längst nicht zutreffen“, so Rainer Langkamp. Durch die aktuelle Rechtsprechung würden heute vor allem die regionalen Institute bestraft, die seinerzeit wesentlich dazu beigetragen hätten, dass Deutschland die Bankenkrise verhältnismäßig gut gemeistert habe.

Dietmar Dertwinkel, Vorstand der Volksbank Greven eG, forderte geeignete Rahmenbedingungen für regionale Finanz- und Wirtschaftssysteme, wie die Volksbanken und Sparkassen sowie die lokalen Handwerksbetriebe sie verkörperten. „Wer Regionalität möchte, muss dieser Idee eine Chance geben und entsprechende Gesetze schaffen“, so Dietmar Dertwinkel. Und: „Regionalität war schließlich genau die Idee, die Deutschland einst groß gemacht hat."

Kurz und verständlich: Ein Zeichentrickfilm zeigt, warum Überreglementierung abgebaut und die Rahmenbedingungen für Handwerk, Banken und Verbraucher vereinfacht werden müssen.
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Daumen runter für allzu viel Bürokratie und Überregulierung – das meinen Franz-Josef Konermann (v.l., VR Bank Kreis Steinfurt), Dietmar Dertwinkel (Volksbank Greven), Hermann-Josef Stascheit (Verbund-Sparkasse Emsdetten-Ochtrup), Rainer Langkamp (Kreissparkasse Steinfurt) und Frank Tischner (Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf).
Setzen die Säge bei der Bürokratie an: Hauptgeschäftsführer Frank Tischner (li.) und stellvertretender Kreishandwerksmeister Heinz-Bernd Lohmann (re.) von der Kreishandwerkerschaft machen mit einem Film auf die Überreglementierung bei Handwerksbetrieben aufmerksam.